Der Freund

Sie hatte ihr Herz verschenkt,
voller Schwung, in Liebe, ehrlich,
ohne zu denken, einfach so,
ohne Prognose, vom Gefühl gelenkt.

Er wollte sein Herz verschenken,
nüchtern, überlegt, ehrlich
und er gab seinen besten Freund,
den Verstand.
Dieser Freund ist treu,
er weiss, was er will.
Er weiss so viel, dieser Freund,
sein bester Freund.

Sie ist eine Frau, erwachsen,
schön und naiv,
nicht dumm, eine Mutter nur.
Nicht reich, wohl eher arm.
Wie steht er da?
Was er will, kann sie ihm nicht geben.
Dieser Freund, sein bester Freund,
er weiss, wovon er spricht.

Und doch ist da etwas,
verstehen tun sie’s beide,
sein bester Freund und er.
Wer denkt, versucht zu verstehen,
der will nicht immer verstehen.
Die Tür ist zu, ganz fest,
vielleicht für immer.
Dahinter ist es heiß, verletzlich,
es könnt sein bester Freund verbrennen.
Und doch!
Er rennt dagegen, manchmal fest,
dann wieder sanft.
Er flieht voll Angst in die Arme seines Freundes,
seines besten Freundes.

Früher einmal,
gestern, einst, vor 100 Jahren,
so lange schon,
bei Mutter, bei Vater vielleicht.
Er glaubt sich zu erinnern.
Da stand sie offen, ganz weit,
diese Tür,
oder nicht, vielleicht…
und doch…