Traditionelle Chinesische Medizin (TCM)

Entstehungsgeschichte eines uralten Medizinsystems
Die Wurzeln der TCM reichen viele tausende Jahre zurück bis zu den ersten chinesischen Dynastien. Überlieferungen belegen, dass in den gebirgigen nördlichen und westlichen Gebieten Chinas vor allem Akupunktur mit Steinnadeln oder Knochen zur Bekämpfung von Schmerzen eingesetzt wurden. Hingegen kamen in den Gebieten des fruchtbaren Südens vermehrt Kräutermischungen (Phytotherapie) zur Linderung von Krankheiten zum Einsatz. Im Laufe der Jahrhunderte wurde das empirische Wissen über viele Generationen hinweg als Familiengeheimnis weitergegeben. Die Methoden wurden verfeinert und weiterentwickelt. Geprägt wurde der Begriff TCM jedoch erst durch Mao Zedong (1893-1976) und den Maoismus, in dem die bis dahin teilweise von Geisterglaube und Ahnenkult geprägte chinesische Medizin entmystifiziert und systematisiert wurde. Viele Intellektuelle und damit auch Ärzte vielen der Kulturrevolution und den Kriegen mit dem Westen zum Opfer. Sie wurden entweder umgebracht oder verhaftet. Danach bestand bald einmal ein großer Mangel an medizinischer Versorgung. Um diesen zu beheben, wurde die von religiösen Elementen befreite TCM geformt. So genannte Barfußärzte wurden in den 60er und 70er Jahren zur medizinischen Versorgung der Bevölkerung über das Land geschickt. Die Ärzte waren meist einfache Bauern oder Landarbeiter, die in wenigen Wochen die wichtigsten Grundlagen der TCM erlernten. Dieses System der medizinischen Grundversorgung wurde jedoch bald wieder verlassen, nachdem es gehäuft zu schweren Komplikationen gekommen war, die auf die schlechte medizinische Ausbildung der Barfußärzte zurück geführt wurde.

Heute wird die TCM in der Volksrepublik China vor allem in Taiwan ergänzend zur modernen westlichen Medizin praktiziert. Taiwan hat seine eigene TCM-Tradition, die stärker durch alte Ärztefamilien geprägt ist, traditioneller und somit weniger standardisiert ist, mehr spirituelle Elemente beibehielt, und manchmal etwas sektiererisch erscheint. Das Ansehen der TCM wird (bis auf Akupunktur) in Taiwan und Hongkong allgemein etwas geringer angesehen, als in der Volksrepublik und in Taiwan. In diesen Ländern werden auch kaum Ausländer in der TCM ausgebildet.

Obwohl das Wissen der TCM uralt ist, ist es erst wenige Jahre in unseren Kulturkreisen bekannt. Die Anfänge gehen in die 50er Jahre des 20. Jahrhundert zurück. Einen echten Boom erlebte die TCM anfangs der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts, der durch einen Artikel 1971 in den New York Times ausgelöst wurde. Der amerikanischer Journalist James Reston berichtete, wie seine Schmerzen nach einer Blinddarmoperation mit Hilfe von Akupunktur behandelt wurden.

Pro und Kontra westlicher und östlicher Behandlungsmethoden

Die TCM unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von der westlichen Medizin. Beide Kulturen entwickelten nahezu gegensätzliche Herangehensweisen, die durch unterschiedliches Denken, Wissenschaften und Anwendungsbereiche geprägt wurden.

Die westliche Schulmedizin konnte im Verlaufe vieler Jahre hervorragende Fortschritte verzeichnen. Einerseits wurden die Krankheitsbilder immer komplexer und andererseits wurde die Definition der Symptome immer genauer. So formte sich mit der Zeit ein riesiges Spektrum an Spezialistenwissen, das von Ärzten unterschiedlicher Fachgebiete in die Praxis umgesetzt wird. Für jeden Bereich des Körpers ist quasi ein anderer Arzt zuständig. Da oftmals die Behebung des Krankheitssymptoms im Vordergrund steht kommt leider der Mensch selbst zu kurz.

Genau dort setzt die TCM an. Nicht die Krankheit steht im Mittelpunkt, sondern der Mensch als Ganzes. Sein Geist, seine Seele, sein Körper, sein sozialen Umfeld und seine Umwelt werden als Teil eines kosmischen Ganzen verstanden. Somit ist im chinesischen Denken eine Krankheit nicht nur auf lokale Symptome begrenzt, sondern schließt neben den körperlichen Erscheinungen auch Emotionen, das soziale Umfeld, das Klima und die Ernährung mit ein. Um all diese Faktoren zu berücksichtigen, wird dem Anamnesegespräch durch eine genaue einfühlsame Befragung eine große Bedeutung zugemessen. Zudem werden zur genauen Diagnosestellung die Beschaffenheit der Zunge angeschaut und der Puls gefühlt. Diese Kombination aus Beobachtungsgabe, aktivem Zuhören und uraltem Fachwissen, ermöglicht es einem TCM-geschulten Therapeuten, einer Krankheit auf die Spur zu kommen.